28.01.2013 - 21:39
Präambel
Immer wieder im Laufe der Geschichte hat das katalanische Volk seinem Willen zur Selbstverwaltung Ausdruck verliehen, mit dem Ziel, den Fortschritt, das Wohlsein und die Chancengleichheit aller Bürger zu verbessern, sowie ihre Kultur und Identität zu bestärken.
Die Selbstverwaltung Kataloniens beruht auch auf den historischen Rechten des katalanischen Volkes, auf den sekulären Institutionen und auf der katalanischen juristischen Tradition. Das katalanische Parlament geht auf die mittelalterlichen Ständevertretungen von Pau [Frankreich] und der Cort Comtat (Grafschaft von Barcelona) zurück.
Im XIV. Jahrhundert wurde die katalanische Ständeversammlung (Generalitat) gegründet, welche zunehmend mehr Autonomie erlangte und während des XVI. und XVII. Jahrhunderts als Regierung des Fürstentums Barcelona fungierte. Nach dem Sieg über Barcelona im Jahre1714 während des Nachfolgekriegs Phillips V. erließ das Dekret der Nova Planta, der die Abschaffung der katalanischen Privilegien und die Auflösung der Selbstverwaltung mit sich brachte.
Diese historische Entwicklung verlief in anderen Gebieten ähnlich, was einen gemeinsamen linguistischen, kulturellen, sozialen und ökonomischen Raum entstehen ließ, der durch gegenseitige Anerkennung bestärkt und gefördert werden soll.
Während des ganzen XX. Jahrhunderts war der Wille zur Selbstverwaltung der Katalaninnen und der Katalanen deutlich. Die Gründung 1914 des Provinzen- und Städte-
Verbands von Katalonien (Mancomunitat de Catalunya) bedeutete einen ersten Schritt zur Wiedererlangung der Selbstverwaltung, die dann aber während der Diktatur Primo de Riveras abgeschafft wurde. Mit der Erklärung der zweiten Republik Spaniens wurde 1931 eine katalanische Regierung mit dem Namen Generalitat de Catalunya gebildet, die ein Autonomiestatut erhielt.
1939 wurde die Generalitat durch General Franco abgeschafft, der bis 1975 ein diktatorisches Regime etablierte. Die Diktatur brachte den aktiven Widerstand des katalanischen Volkes und der Verwaltung Kataloniens mit sich. Eines der Ergebnisse beim Kampf um die Freiheit war die Gründung der Versammlung Kataloniens 1971 (Assamblea de Catalunya), provisorischer Vorläufer der Generalitat nach der Wiederkehr ihres Präsidenten aus dem Exil 1977. Im Übergang zur Demokratie und im Kontext des neuen Autonomien-Systems, das in der spanischen Verfassung von 1978 verankert ist, verabschiedete das katalanische Volk 1979 mittels eines Volksentscheids das Autonomiestatut von Katalonien, und wählte 1980 zum ersten Mal [nach Francos Diktatur] das Parlament von Katalonien.
Auf dem Weg zur demokratischen Entwicklung, hat eine Mehrheit der katalanischen politischen und sozialen Kräfte in den letzten Jahren die Maßnahmen zur Veränderung des politischen und juridischen Rahmens vorangebracht, zuletzt in der Reform des Autonomiestatuts von Katalonien, der 2005 vom Parlament initiiert wurde. Die Schwierigkeiten und die Ablehnung der Institutionen durch den spanischen Staat, wobei das Urteil des Verfassungsgerichts 31/2010 hervorzuheben ist, bedeuten eine radikale Ablehnung der demokratischen Entwicklung des kollektiven Willens des katalanischen Volkes im spanischen Staat, und schaffen die Grundlagen zu einer Rückbildung der Selbstverwaltung und Zuständigkeit, die mit in aller Klarheit heute in den politischen, sozialen, finanziellen kulturellen und linguistischen Aspekten zum Ausdruck kommt.
Auf verschiedene Weise hat das katalanische Volk seinen Willen zur Überwindung der aktuellen Blockade innerhalb des spanischen Staates geäußert. Die Massendemonstrationen vom 10. Juli 2010 mit der Devise „Wir sind eine Nation, wir entscheiden“, und vom 11. September 2012 mit der Devise „Katalonien, ein neuer Staat Europas“, sind Ausdruck der Ablehnung gegenüber dem mangelnden Respekt vor Entscheidungen des katalanischen Volkes.
Am 27. September 2012 mittels der Resolution 742/IX, forderte das Parlament Kataloniens, dass das katalanische Volk, frei und demokratisch mittels eines Volksentscheids seine kollektive Zukunft selbst bestimmen könne. Die letzten Wahlen zum Parlament von Katalonien vom 25. November 2012 haben diesen Anspruch klar und unmissverständlich bekräftigt.
Um diesen Prozess umzusetzen hat das Parlament Kataloniens, in seiner ersten Sitzung der X. Legislaturperiode und als Repräsentant des Willens der Bürger Kataloniens die folgende Erklärung zur Souveränität und auf das Recht zur Selbstbestimmung des Volkes von Katalonien formuliert.
Erklärung der Souveränitäts- und des Selbstbestimmungsrechts des Volkes von Katalonien
Entsprechend des auf demokratischem Wege geäußerten mehrheitlichen Willens des katalanischen Volks, beschließt das Parlament Kataloniens einen Prozess einzuleiten, der die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts verwirklicht, so dass die Bürger und Bürgerinnen von Katalonien über ihre politische kollektive Zukunft gemäß folgender Grundsätze bestimmen können:
-Souveränität. Das Volk von Katalonien hat aufgrund demokratischer Legitimität die politische und juristische Souveränität.
-Demokratische Legitimität. Der Prozess der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts wird ausschließlich demokratisch sein und die Pluralität aller Optionen und deren Anerkennung in der Auseinandersetzung und im Dialog innerhalb der katalanischen Gesellschaft garantieren, mit dem Ziel, dass das daraus resultierende Ergebnis den Ausdruck der Mehrheit des Volkswillens darstelle, welcher der grundsätzliche Garant des Bestimmungsrechts ist.
-Transparenz. Es werden alle notwendigen Mittel zu Verfügung gestellt, so dass die Gesamtheit der Bevölkerung der katalanischen Gesellschaft die vollständige Information und die genaue Kenntnis erhält, die zur Ausübung des Entscheidungsrechts nötig sind und die sie zur Teilnahme am Entscheidungsprozess befördern.
-Dialog: Es werden Auseinandersetzungen und Verhandlungen mit dem spanischen Staat, den europäischen Institutionen und der internationalen Gemeinschaft eingeleitet.
-Soziale Kohäsion: es wird die soziale und territoriale Kohäsion des Landes sowie der von der katalanischen Gesellschaft oftmals zum Ausdruck gebrachte Wille garantiert, Katalonien als ein einziges Volk zu erhalten.
-Europa: Es werden die Grundsätze der Europäischen Union vertreten und gefördert, insbesondere die bürgerlichen Grundrechte, die Demokratie, die Verpflichtung zum Wohlfahrtstaat, die Solidarität unter den Völkern Europas und der Einsatz für den ökonomischen, sozialen und kulturellen Fortschritt.
-Legalität. Es werden alle existierenden rechtlichen Rahmenbedingungen eingesetzt, um die Stärkung der Demokratie und die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes zu verwirklichen.
-Vorrangstellung des Parlaments. Das Parlament als Institution, die das Volk Kataloniens repräsentiert, hat eine Vorrangstellung bei diesem Prozess, weshalb Verfahrensweisen und Arbeitsstrategien zu beschließen sind, die dieses Prinzip garantieren.
-Teilnahme. Das Parlament Kataloniens und die Regierung der Generalitat sollen an diesem Prozess die regionale Gesellschaft, die größtmögliche Zahl aller politischen Kräfte, ökonomischen und sozialen Vertreter, sowie kulturellen und bürgerlichen Einrichtungen unseres Landes zu aktiven Beteiligten ernennen, und die Mechanismen einrichten, die dieses Prinzip garantieren.
Das Parlament Kataloniens ermutigt die Gemeinschaft der Bürger und Bürgerinnen, zu Hauptdarstellern dieses demokratischen Prozesses zur Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes des katalanischen Volkes zu werden.
Parlamenthaus, 23 Januar 2013